Die elterliche Sorge – Entwicklungen in Lehre und Rechtsprechung

Von: Andrea Büchler, Prof. Dr., Professorin an der Universität Zürich, Sandro Clausen, lic. iur., Rechtsanwalt, wissenschaftlicher Assistent an der Universität Zürich

Stichwörter: Scheidungsverfahren, Kindeswohl, gemeinsame elterliche Sorge, Alleinzuteilung Sorgerecht, Erziehungsunfähigkeit, elterlicher Dauerkonflikt, Kooperations- und Kommunikationsunfähigkeit, alternierende Obhut, Betreuungsanteile, Elternvereinbarungen

Zusammenfassung: Die gemeinsame elterliche Sorge ist im schweizerischen Recht seit 1. Juli 2014 gesetzlich verankert. Die Gesetzesrevision fusst auf der Annahme, dass dem Wohl der minderjährigen Kinder am besten gedient ist, wenn die Eltern das Sorgerecht auch nach der Scheidung gemeinsam ausüben. Das Bundesgericht hat inzwischen umstrittene und für die Anwendung der neuen Bestimmungen wichtige Fragen geklärt. Es hat das gemeinsame Sorgerecht mit der wünschbaren Deutlichkeit zum Regelfall erklärt. Die Schwelle für die Zuteilung des alleinigen Sorgerechts hat das Bundesgericht demgegenüber hoch angesetzt. Der vorliegende Beitrag zeichnet die ergangene Rechtsprechung nach und analysiert die sie tragenden Kernüberlegungen. Unter Bezugnahme auf konkrete Einzelfallentscheidungen werden die Gründe thematisiert, die nach der bundesgerichtlichen Praxis die Alleinzuteilung des Sorgerechts zulässig machen. Bei einer kritischen Würdigung ergeben sich unter dem Aspekt des Kindeswohls gewisse Vorbehalte gegenüber der im Grundsatz gewiss begrüssenswerten Rechtsprechung. Nicht immer mag sich die Überzeugung einstellen, dass sich die Idealvorstellung der gemeinsamen Elternverantwortung in der Lebenswirklichkeit auch tatsächlich sinnvoll und kindeswohlverträglich umsetzen lässt.

FamPra 1/2018 Seite 1 ff.

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