Von: Linus Cantieni, Dr. iur., Rechtsanwalt, Präsident KESB Kreis Bülach Süd, Lehrbeauftragter für Familienrecht an der Universität Zürich
Yvo Biderbost, Dr. iur., Leiter Rechtsdienst KESB Stadt Zürich, Lehrbeauftragter an den Universitäten Luzern, Freiburg und Zürich
Zusammenfassung: Seit etwas mehr als einem Jahr ist die Gesetzesnovelle zur Revision der Bestimmungen über die elterliche Sorge in Kraft. Nunmehr legt das Gesetz ausdrücklich den Grundsatz fest, dass Kinder, solange sie minderjährig sind, unter der elterlichen Sorge von Mutter und Vater stehen (Art. 296 Abs. 2 ZGB). Ziel der Revision war es denn auch, dass die gemeinsame elterliche Sorge (noch vermehrt) zum Regelfall wird. Dazu war es notwendig, die elterliche Sorge in ihrer Entstehung vom elterlichen Statusverhältnis abzukoppeln. Wie schon vor der Revision stehen eheliche Kinder automatisch unter der gemeinsamen elterlichen Sorge beider Elternteile. In einem eherechtlichen Verfahren hat das Gericht die elterliche Sorge grundsätzlich beiden Elternteilen zu belassen, ausser wenn zur Wahrung des Kindeswohls Alleinsorge nötig ist. Für Kinder nicht miteinander verheirateter Eltern ist hingegen eine gemeinsame Erklärung nötig; immerhin ist die gemeinsame Erklärung an wenig hohe Hürden formeller Art gebunden. Vor allem neu ist aber, dass die gemeinsame elterliche Sorge auch gegen den Willen eines Elternteils ausgesprochen werden kann – und nach der Intention des Gesetzgebers grundsätzlich auch ausgesprochen werden soll. Die Zuständigkeiten sind zwischen Gericht, KESB und Zivilstandsämtern aufgeteilt. Die beiden Autoren zeigen ein paar Gedanken und Hürden zur Praxis im Alltag zweier KESB im Kanton Zürich auf.
FamPra 4/2015 Seite 771 ff. www.zeitschriften.recht.ch