(Art. 144 Abs. 2 ZGB); 5C.63/2005
Bundesgerichtsentscheid vom 01.05.2005
Geht es um Anordnungen über Kinder, sind diese grundsätzlich anzuhören. Davon kann abgesehen werden, wenn das Alter oder andere wichtige Gründe dagegen sprechen. Die Begründung, man will das Kind durch die Anhörung nicht einer belastenden Situation aussetzen, vermag vom Absehen einer Anhörung aus wichtigem Grund nicht zu überzeugen, zumal sich jedes Scheidungskind in einem gewissen Loyalitätskonflikt wiederfindet, der sich belastend auswirkt.
Das Bundesgericht legt sodann als Richtlinie für die Durchführung der Anhörung das vollendete sechste Altersjahr fest. Unter Umständen kann es angezeigt sein, ein jüngeres Kind anzuhören, etwa wenn das jüngste von mehreren Geschwistern kurz vor dem genannten Schwellenalter steht. Dabei geht es primär darum, dass sich das urteilende Gericht ein persönliches Bild machen kann und über ein zusätzliches Element bei der Sachverhaltsfeststellung und Entscheidfindung verfügt. Insoweit missachtet das Obergericht des Kantons Aargau mit seiner Argumentation, dass die Kinder zu einer Stellungnahme noch nicht in der Lage sind und ihren Aussagen ohnehin kein bedeutendes Gewicht zuerkannt werden kann, die grundsätzliche Bedeutung und den persönlicheitsbezogenen Aspekt der Anhörung.
Schliesslich ist für die Neuregelung des Sorgerechts eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse verlangt sowie, dass eine solche zum Wohl des Kindes angezeigt ist.